Vor zwei Jahren, am 26. Mai 2021, hat der Bundesrat die Verhandlungen für ein Rahmenabkommen mit der EU abgebrochen. Für die Schweizer Hochschulen hat dieser Entscheid drastische Konsequenzen. Die Schweiz ist bis auf Weiteres als nicht assoziierter Drittstaat positioniert und ihre Forschenden können sich nicht mehr als vollwertiger Partner an Horizon Europe und Erasmus+ beteiligen. Die Konsequenzen sind konkret das Abseitsstehen in Schlüsselrollen bei den EU-Programmen, eine geringere Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit sowie weniger Ressourcen für die Hochschulen.
Aktuell stellt der Bundesrat Eckwerte für ein neues Verhandlungsmandat in Aussicht, die Kantone unterstützen neue Verhandlungen mit der EU und auch von Seiten EU gibt es positive Signale. Die Hochschulen benötigen rasche Lösungen. Der Preis für das Abseitsstehen in den letzten zwei Jahren ist bereits hoch. Der Schaden für den Wissensplatz Schweiz kann nicht ungeschehen gemacht, aber mit einem entschlossenen Schritt zu einer Verhandlungslösung gemindert werden und den Weg für einen innovativen und international kompetitiven Bildungs- und Forschungsplatz bereiten. Die Schweizer Behörden bemühen sich, mit verschiedenen Massnahmen die negativen Auswirkungen abzufedern. Diese Massnahmen sind unabdingbar, stellen jedoch keinen vollständigen Ersatz für die vollwertige Teilnahme der Schweiz an den EU-Programmen dar.
Für die Hochschulen stellt sich die Situation bei den Forschungsprogrammen zum aktuellen Zeitpunkt wie folgt dar: Projekte können nicht mehr wie geplant realisiert werden, die Schweizer Forschenden verlieren Projektleitungen, Forschende und Projekte verlagern sich in andere Länder. Damit entgehen den Hochschulen Millionenbeträge, insbesondere bei den hoch-kompetitiven und prestigehaltigen ERC-Grants.
Bei Erasmus+ wird die Schweiz nicht nur von den Austauschprogrammen ausgeschlossen, sondern auch vom Aufbau eines europäischen digitalen Bildungsraums. Dies hat für die Hochschulen die Konsequenz, dass Partnerschaften kompliziert bilateral ausgehandelt werden müssen und die administrativen Hürden weiterhin hoch sind. All dies führt dazu, dass die Schweiz sowohl für die Partner als auch die Studierenden weniger attraktiv ist.
swissuniversities beschäftigt sich mit folgenden Szenarien:
- Die Schweiz und die EU finden 2023 oder 2024 eine Lösung für die Assoziierung.
Eine Vollassoziierung ist für die Hochschulen zu jedem Zeitpunkt wichtig. Damit könnten sie wieder vollwertig am grössten und wichtigsten Forschungsprogramm der Welt teilnehmen. Eine weitere Schwächung des Bildungs-, Forschungs- und Innovationsstandorts Schweiz würde damit vermieden.
- Die Schweiz ist erst ab der nächsten Programmperiode ab 2028 voll assoziiertes Mitglied.
Es müssten für die gesamte Dauer von Horizon Europe dauerhafte Massnahmen geschaffen und aufrechterhalten werden, um die Abwanderung exzellenter Forschender und Innovatoren zu verhindern. Die Folgen der Nicht-Assoziierung unter Horizon Europe wären zudem langfristig spürbar, auch weit nach einer erneuten Vollassoziierung 2028, mit einer Schwächung der Innovationskraft der Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft.
- Die Schweiz bleibt nicht-assoziierter Drittstaat in den Forschungs- und Bildungsprojekten in der EU.
Der Schaden betrifft nicht nur die Hochschulen. Negative Auswirkungen müssten auch die Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft gewärtigen. Es besteht die Notwendigkeit, im Falle einer Nichtassoziierung den Schweizer Hochschulstandort möglichst attraktiv zu gestalten. Das Abseitsstehen der Schweiz ist auch ein Verlust für die europäische Hochschullandschaft, die eine gleichwertige Partnerin verlieren.
swissuniversities appelliert an die Bildungs- und Forschungspolitik, mit folgenden Massnahmen die internationale Spitzenposition der Schweizer Hochschulen zu sichern:
- Die rasche Entwicklung von konkreten Lösungen für eine möglichst baldige Vollassoziierung.
- Die nachhaltige Sicherstellung von Instrumenten und Budgets, welche den Schaden der Nicht-Assoziierung für die Hochschulen reduzieren.
Zu den wichtigsten Ressourcen der Schweiz gehören Wissen und Bildung. Werden die Hochschulen geschwächt, verliert auch der Standort Schweiz an Attraktivität. Es ist deshalb im allgemeinen gesellschaftlichen Interesse, eine Erosion der internationalen Positionierung des Wissens- und Bildungsplatzes Schweiz zu verhindern.