Seitdem der Bundesrat die Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der Europäischen Union abgebrochen hat, ist die Schweiz bis auf Weiteres als nicht assoziierter Drittstaat positioniert.
Die weitere Entwicklung ist offen und höchst ungewiss. Die Hochschulen fassen folgende Szenarien für die künftige Positionierung ins Auge:
1. Die Schweiz wird im Laufe von 2022 voll assoziiert.
Die Voraussetzung für eine volle Assoziierung ist eine politische Entkoppelung von einem institutionellen Rahmenabkommen und die Verabschiedung eines spezifischen Abkommens für den Forschungs- und Bildungsbereich.
Für die Hochschulen hat dies zur Folge, dass sie sich sofort als vollwertige Partnerinnen an den EU-Programmen beteiligen können. Die negativen Auswirkungen der Nicht-Assoziierung 2021 würden damit zwar nicht direkt/komplett rückgängig gemacht, könnten jedoch einigermassen begrenzt gehalten werden.
2. Die Bemühungen für eine Vollassoziierung 2022 scheitern.
Eine Vollassoziierung 2023 und in den folgenden Jahren der Horizon-Europe-Periode bis 2027 ist praktisch ausgeschlossen. Für die Hochschulen hat dies zur Folge, dass sie weiterhin nicht vollwertig am grössten und wichtigsten Forschungsprogramm der Welt teilnehmen können. Dies führt zu einer weiteren Schwächung des Bildungs-, Forschungs- und Innovationsstandorts Schweiz. Die Folgen einer Nichtassoziierung werden langfristig spürbar sein, auch für die Innovationskraft der Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft.
3. Die Schweiz schafft die Voraussetzungen, dass sie in der nächsten Horizon Periode ab 2028 wieder vollassoziiertes Mitglied sein wird.
Für die Hochschulen hat dies zur Folge, dass für die gesamte Dauer von Horizon Europe dauerhafte Massnahmen geschaffen und aufrechterhalten werden müssten, um die Abwanderung exzellenter Forschender und Innovatoren zu verhindern. Die Folgen der Nicht-Assoziierung unter Horizon Europe wären zudem langfristig spürbar, auch weit nach einer erneuten Vollassoziierung 2028.
4. Die Schweiz positioniert sich dauerhaft als nicht-assoziierter Drittstaat in den Forschungs- und Bildungsprojekten in der EU.
Der Schaden betrifft nicht nur die Hochschulen. Negative Auswirkungen müssen auch die Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft gewärtigen. Es besteht die Notwendigkeit, im Falle einer Nichtassoziierung den Schweizer Hochschulstandort möglichst attraktiv zu gestalten. Das Abseitsstehen der Schweiz ist letztlich auch ein Verlust für die europäische Hochschullandschaft, die eine gleichwertige Partnerin verlieren: Wissenschaft gelingt nur in grenzüberschreitenden Netzwerken.
Für die Hochschulen hat dies zur Folge, dass sie, Stand heute unter Horizon Europe, weiterhin an verschiedenen Teilen des Programms, z.B. Mehrheit der Verbundprojekte, teilnehmen kann. Die Leitung von Projekten und die Teilnahme an prestigeträchtigen Einzelprojekten wie ERC-Einzelgrants oder MSCA Postdoctoral Fellowships wären Schweizer Forschenden jedoch dauerhaft verwehrt. Die Beteiligung muss rein über Bundesbeiträge finanziert werden. Finanzierungen aus der EU wären nicht mehr möglich. Die Schweiz müsste alternative Möglichkeiten bzw. Partner suchen und finden, um weiterhin als international attraktiver Forschungs- und Innovationsstandort agieren zu können. Bilaterale Kooperationen können jedoch die Beteiligung an den europäischen Programmen auf keine Weise ersetzen: Die Entwicklung ist zeitlich langwieriger und die Kosten sind signifikant höher.