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Stellungnahme zur Verordnung über die Sicherung der Qualität im Bereich der wissenschaftlichen Integrität

Die Schweizerische Hochschulkonferenz hat am 1. Mai 2024 die Anhörung zum Entwurf der Verordnung über die Sicherung der Qualität im Bereich der wissenschaftlichen Integrität eröffnet. swissuniversities hat bereits in der Vergangenheit die Bedeutung eines Kompetenzzentrums für wissenschaftliche Integrität unterstrichen, das im Interesse des gesamten schweizerischen Hochschulraums eine einheitliche, konsequente und transparente Anwendung der massgebenden nationalen und internationalen Regeln und Standards der wissenschaftlichen Integrität unterstützt und für eine verbesserte Zusammenarbeit im Bereich der wissenschaftlichen Integrität sorgt. 

swissuniversities war in der Projektgruppe vertreten, die den Verordnungsentwurf erarbeitet hat. Sie dankt für die erneute Gelegenheit zur Stellungnahme und gibt gerne ihre Einschätzungen zum Entwurf und den daraus folgenden Umsetzungsarbeiten wieder. 

Die Bekämpfung wissenschaftlichen Fehlverhaltens ist Aufgabe der Hochschulen. Die Verordnung trägt dieser Tatsache Rechnung: Das Schweizerische Zentrum für wissenschaftliche Integrität (SZWI) führt gemäss Verordnungsentwurf keine Verfahren durch und ist keine Rekursinstanz. Vielmehr unterstützt es die Hochschulen in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben, in dem es über Beratung und Evaluation, zur Verfügung stellen von Expertise, Förderung einer Kultur der Integrität sowie Aufbereiten von Daten zu Verfahren und Sanktionen zur Qualität und Gewährleistung der Einhaltung der Prinzipien der wissenschaftlichen Integrität beiträgt. swissuniversities begrüsst diese Ausrichtung ausdrücklich. Sie begrüsst zudem die Verankerung des Kodex mittels Art. 2 Abs. 3 als gemeinsam erarbeitetes und getragenes Dokument der Akademien der Wissenschaften Schweiz, swissuniversities, dem Schweizerischen Nationalfonds und Innosuisse – und damit eines gemeinsamen Verständnisses zur wissenschaftlichen Integrität – im Erlass.

Die im Bericht beschriebenen Tätigkeiten des künftigen Zentrums decken sich mit den Aufgaben, die swissuniversities als zentral erachtet. Das Führen einer Meldestelle zu den eröffneten Verfahren, Verfahrensergebnissen und allfälligen Sanktionen sowie die Unterstützungs- und Beratungstätigkeit inkl. Dienstleistungen für die Hochschulen sind die beiden Hauptaufgaben des Zentrums. Das SZWI übernimmt Funktion und Aufgaben eines «centre de compétences» – so richtigerweise die Bezeichnung gemäss der französischen Fassung der Vorlage. In Analogie dazu plädiert swissuniversities dafür, auf Deutsch die entsprechende Bezeichnung «Kompetenzzentrum» anstelle von «Zentrum» zu verwenden. 

Zur Funktion einer Meldestelle:

  • Heute fehlen Daten zur Anzahl und Handhabung von Fällen von wissenschaftlichem Fehlverhalten. Die vom SZWI erhobenen Daten sind im Hinblick auf Transparenz (Gesamtsicht über das Schweizer Hochschulsystem) und Kohärenz (bspw. im Hinblick auf die Sanktionierung: gleiche Behandlung von gleichen Fällen) von zentraler Bedeutung. swissuniversities hält den Ansatz für zielführend, auf die Erfassung von Fällen von studentischem Fehlverhalten während des grundständigen Studiums (Art. 3 Abs. 4 sowie Erläuterungen) sowie im Rahmen von Weiterbildungen zu verzichten, Fehlverhalten von Doktorierenden jedoch zu erfassen. Dies erlaubt nicht zuletzt eine Gleichbehandlung von Doktorierenden, die ihre Dissertation entweder im Rahmen einer Anstellung erarbeiten oder aber ausserhalb.
  • Die Modalitäten für die Meldung von Verfahren, Verfahrensergebnissen und Sanktionen sind so auszugestalten, dass die Weiterleitung der entsprechenden Daten möglichst effizient abläuft. Dementsprechend regt swissuniversities an, dass die Hochschulen und andere Institutionen des Hochschulbereichs dem Zentrum die eröffneten Untersuchungen nicht einzeln melden, wie dies Art. 3 Abs. 1 suggeriert. Vielmehr erscheint ausreichend, dass sie das Zentrum einmal jährlich über eröffnete und abgeschlossene Untersuchungen inkl. Sanktionen (sowie ggf. über den Stand der laufenden Verfahren) informieren. Für die in Art. 3 Abs. 5 erwähnten Meldeformulare empfiehlt sich, diese auf der Basis der Formulare bestehender Zentren im Ausland auszugestalten.
  • Dabei bezeichnet der im Erlass verwendete Begriff «Verfahren» aus Sicht von swissuniversities ein breites Feld, womit die Vorgabe, «eröffneten Verfahren» zu melden, unklar bleibt: Ist damit der Start einer Untersuchung gemeint oder gilt bspw. bereits das Einreichen einer Beschwerde als «Verfahren»? Wir empfehlen, in Art. 3 sowie in den weiteren Präzisierungen zur Meldepflicht «Verfahren» mit dem Begriff «Untersuchung» zu ersetzen. Damit würde eine bessere Vergleichbarkeit der gelieferten Daten unterstützt. 

Zur Beratung und Unterstützung:

  • Das SZWI berät und unterstützt gemäss Art. 5 einerseits Hochschulen und andere Institutionen des Hochschulbereichs bei Fragen und Verfahren zu Verstössen. Art. 17 lit. b zur Geschäftsstelle präzisiert, dass das SZWI auf Anfrage bei Untersuchungen und anderen Anliegen unterstützen und dabei nationale und internationale Expert:innen vermitteln kann. Die Vermittlung von Expert:innen stellt für swissuniversities eine zentrale Aufgabe des Zentrums dar. Die Geschäftsstelle muss dementsprechend auf ein ausreichend grosses Expert:innenpanel zurückgreifen können, um die notwendige fachliche Bandbreite abzudecken. Die Geschäftsstelle unterstützt gemäss Art. 17 lit. g zudem Evaluationen von Verfahren bezüglich wissenschaftlicher Integrität und begünstigt die Weiterentwicklung und Verbreitung guter wissenschaftlichen Praxis. 
  • Andererseits übernimmt das SZWI auch eine Beratungsfunktion für Personen: Art. 5 hält fest, dass das Zentrum Personen und Stellen berät, «welche von Verstössen gegen die wissenschaftliche Integrität oder wissenschaftlichem Fehlverhalten betroffen sind». Art. 17 lit. c präzisiert, dass sich diese Beratung auf «das einzuhaltende Verfahren» bezieht. «Insbesondere weist [das SZWI] den Personen und Stellen die entsprechende Ansprechstelle zu». Aus Sicht von swissuniversities soll das Zentrum in erster Linie die Funktion einer Ansprechstelle für Institutionen wahrnehmen. Das Anliegen einer Anlaufstelle für Personen ist nachvollziehbar, die Funktion der primären Anlaufsstelle für Personen sollte jedoch den betroffenen Institutionen zukommen. swissuniversities regt dementsprechend an, die Formulierungen im Erlass zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen, um zu verdeutlichen, dass das SZWI in bestimmten Fällen eine Vermittlungsfunktion wahrnehmen kann, in dem es bspw. Personen an die richtige Stelle verweist. Dabei ist in Art. 17 lit. c festzuhalten, dass sich das Zentrum im Falle von Anfragen von Personen in keiner Art und Weise inhaltlich äussert. 

Die Umsetzung des Zentrums erfolgt über eine schlanke Struktur mit einem Rat für wissenschaftliche Integrität und einer Geschäftsstelle. Die Einsetzung eines Leitungsgremiums mit entsprechender Fachexpertise, das die Geschäftsstelle des Zentrums unterstützt und beaufsichtig, die Berichterstattung verantwortet, Lagebeurteilungen über Integritätsverfahren vornimmt und Empfehlungen zuhanden Hochschulrat formulieren kann, ist im Hinblick auf Expertise und Akzeptanz des SZWI von zentraler Bedeutung. Die an den Akademien der Wissenschaften Schweiz angegliederte Geschäftsstelle pflegt gemäss Art. 17 lit. d den Kontakt und Austausch mit den zuständigen Stellen der Hochschulen und anderen Institutionen des Hochschulbereichs. Im Hinblick auf Wissenstransfer und Umsetzung wird es wichtig sein, dass das Zentrum die Kompetenzen der Hochschulen und weiteren Institutionen einbindet und auch nutzt – bspw. für im Hinblick auf die Erarbeitung von guten Praktiken, eine Aufgabe, die das Zentrum ebenfalls übernehmen kann. Es macht daher Sinn, zu gegebener Zeit zu prüfen, ob der Austausch mit den Stellen an den Hochschulen im Rahmen des Zentrums institutionalisiert werden könnte (bspw. als Netzwerk des Zentrums).

Zu den Aufgaben des Zentrums gehören schliesslich Kommunikation und Berichterstattung: Die angedachte bedarfs- und stufengerechte Berichterstattung zuhanden Hochschulrat einerseits (mit Angaben pro Hochschule zur Anzahl der gemeldeten Verfahren, Stand, Art der Verstösse und Sanktionen) und Öffentlichkeit andererseits (mit anonymisierten Informationen) erscheint zielführend. Dasselbe gilt für die Finanzierung über einen Sockel (Bund und Kantone) sowie Dienstleistungen, für die das Zentrum den Hochschulen und Forschungsorganen Rechnung stellen kann.

Abschliessend möchten wir uns zu einer Frage äussern, die nicht Gegenstand vorliegender Anhörung ist, jedoch gegebenenfalls Auswirkungen auf das geplante Zentrum hat. Derzeit werden verschiedene Modalitäten einer Bündelung der Kompetenzen im Bereich Knowledge Security geprüft. Eine Ansiedelung am SZWI ist eine der Möglichkeiten, die zur Diskussion steht. swissuniversities spricht sich dezidiert gegen eine Ansiedelung der Themen dual-use Knowledge Security am Kompetenzzentrum für wissenschaftliche Integrität aus: Es handelt sich um gänzlich verschiedene Fragestellungen, die unterschiedliche Expertisen voraussetzen und unterschiedliche Personen oder Stellen involvieren. Es ist demnach nicht zielführend, die beiden Thematiken zu verbinden. 

Dieses Thema war in den Vernehmlassungsunterlagen nicht erwähnt. Wenn nun eine Hochschule in ihrer eigenen Stellungnahme keine Aussage dazu macht, ob Knowledge Security ins SZWI integriert werden soll oder nicht, kann deshalb nicht daraus geschlossen werden, dass sie eine solche Integration unterstützen würde.

swissuniversities freut sich, dass dank der pragmatischen Umsetzung des Vorhabens über einen ständigen Ausschuss des Hochschulrats (Rat für wissenschaftliche Integrität) und die Zuweisung der Geschäftsstelle an eine bestehende Institution (Akademien der Wissenschaften Schweiz) ein rascher Start des geplanten Zentrums möglich sein wird. Sie ist überzeugt, dass das Zentrum einen wichtigen Beitrag zur Qualität im Bereich der wissenschaftlichen Integrität leisten kann und damit letztendlich der Exzellenz und Attraktivität des Wissenschaftsstandort Schweiz dient. 

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